Windkraft in Mühlacker

Die LMU Mühlacker hat sich intensiv mit dem Thema befasst, Veranstaltungen besucht und sich fachlich informiert. Da wir uns zum Ausstieg aus der Kernenergie und der Dekarbonisierung der Energieerzeugung bekennen, sehen wir keine Alternativen zu Windkraft, Wasserkraft, Biomethananlagen und Photovoltaik. Die Diskussion um Windkraft auf der Gemarkung von Mühlacker hat eine entscheidende Ursache, jeder Mensch verbraucht Energie. Wäre es möglich, den Verbrauch drastisch zu verringern, müssten wir uns hier keine Gedanken machen. Da dies aber wohl Utopie bleibt, muss man darüber nachdenken, woher diese Energie stammen soll.

Ein paar Aspekte zum Thema „Windenenergie“

1. Der Flächenbedarf ist pro erzeugter Energiemenge um ein Vielfaches geringer als bei der Photovoltaik. Die bei der Errichtung notwendigen Zufahrts- und Aufbauflächen werden nach der Inbetriebnahme zurück gebaut und teilweise wieder aufgeforstet. Die durch Windkraftanlagen in Anspruch genommenen Flächen im Wald werden an anderer Stelle wieder aufgeforstet, da sich Mühlacker planungstechnisch gesehen im „verdichteten Raum“ befindet. Die Vorhalteflächen für Kranaufstellungsflächen, die für Wartungsarbeiten benötigt werden, werden im Regelfall durch entsprechende Ausgestaltung im Sinne der Biodiversität aufgewertet.

2. Windenergieanlagen wandeln die Bewegung des Windes in elektrische Energie um – ohne Einsatz von Brennstoffen, ohne schädliche Abgase und ohne strahlende Abfälle. Land- und Forstwirtschaft sind im Umfeld von Windenergieanlagen meist problemlos möglich. Es werden keine Flächen für den Abbau von Rohstoffen (außer zum Bau der Anlage) oder den Anbau von Bioenergiepflanzen benötigt. Schon innerhalb des ersten Betriebsjahres hat eine Windenergieanlage die für ihre eigene Herstellung benötigte Energie selbst wieder erzeugt.

3. Die Anlagen können nach ihrer 20 bis 30 jährigen Nutzung mit vergleichsweise geringem Aufwand zurückgebaut und fast vollständig recycelt werden. In den Anfangsjahren noch erlaubten Deponierungen sind heute kein Thema mehr. Ein schneller und problemloser Rückbau ist, wie bekannt, bei Atomkraftwerken jedoch nicht möglich

4. Positive Effekte gibt es auch im Hinblick auf die Wertschöpfung, die bei der Windenergie fast ausschließlich im Inland erfolgt. Über 300 baden-württembergische Unternehmen sind im Windsektor aktiv, hauptsächlich in der Zulieferindustrie. In der Windenergiebranche in Baden-Württemberg arbeiteten im Jahr 2013 knapp 9.500 Beschäftigte. Wertschöpfung bedeutet also Gewinne bei den Herstellern, Zulieferern, Projektierern und Wartungs-unternehmen wie auch Arbeit und Einkommen der dort Beschäftigten, Pachteinnahmen für die Grundstückseigentümer und Steuereinnahmen der Kommunen. An zahlreichen Projekten sind zudem Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in Form von Energiegenossenschaften beteiligt, wie es auch hier in Mühlacker mit der Bürgerenergie geplant ist, sodass durch Windenergie erwirtschaftete Einnahmen der Bürgerschaft vor Ort zugutekommen. Wenn die Stadt Mühlacker, bzw. die Stadtwerke und ihre Partner die Windanlagen nicht bauen würden, würden andere Investoren die Windräder bauen, ohne dass die Stadt Mühlacker mit ihren Stadtteilen davon profitieren könnte.

5. Stromerzeugung aus Windenergie an Land zählt zu den kostengünstigsten Formen der Energieerzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien. Der Ausbau der Windenergie und anderer erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg spart lange Transportwege des Stroms und des damit verbundenen Verluste und leistet einen Beitrag zur Versorgungssicherheit

6. Die Behauptung, der französische Staatsrat habe eine Entscheidung gefällt, die den Betrieb von Windparks in Frankreich zukünftig bis auf weiteres untersage, da die gesundheitlichen Folgen durch Infraschall bislang nicht ausreichend geklärt seien, ist schlichtweg falsch, da der französische Staatsrat als das höchste Verwaltungsgericht in Frankreich lediglich entschieden hat, dass verschiedene Erlasse zur Bewertung von Lärmemissionen bei Windkraftanlagen ohne die aus seiner Sicht erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen sind. Er hat die Erlasse deshalb aus rein formalen Gründen aufgehoben, die Verfahren müssen wiederholt werden. Damit ist weder eine Stilllegung von bestehenden Windkraftanlagen noch die Untersagung zum Betrieb neuer Anlagen verbunden.

7. Tatsache ist aber auch, dass Frankreich in den Sommermonaten wegen fehlendem Kühlwasser durch einen zu niedrigen Pegelstand der Flüsse seine AKW herunterfahren muss und dann grünen Strom u.a. aus Deutschland zukaufen muss.

8. Der Vergleich von Windkraftanlagen mit Block 8 des Rheinhafen-Dampfkraftwerks (RDK 8) ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Insbesondere aber wird bei diesem Vergleich nur auf die Baukosten abgestellt und ein wesentlicher Aspekt unterschlagen: RDK 8 verbraucht unter Volllast 313 t Steinkohle pro Stunde. Für den Betrieb des Rheinhafenkraftwerks (Blöcke 7+8) sind jährlich ca. 1.000 Schiffsladungen Steinkohle (= ca. 2-2,5 Mio. t * ca. 100 €/t = ca. 200-250 Mio. € Brennstoffkosten) erforderlich. Sind dagegen Windkraftanlagen einmal errichtet, produzieren sie Energie ohne Einsatz von Brennstoff oder anderweitigem Verbrauchsmaterial.

9. Schall, dessen Frequenz unterhalb von 20 Hertz liegt, bezeichnet man als Infraschall. Dabei handelt es sich um sehr tieffrequente Geräuschanteile, für die der eigentliche Hörsinn des Menschen kaum mehr empfänglich ist. Neben technischen Quellen wie Straßen- und Schienenverkehr, Flugzeugen, Heizungs- und Klimageräten gibt es auch viele natürliche Quellen wie Wind, Brandung oder Wasserläufe. Infraschall ist somit alltäglicher Bestandteil unserer Umwelt. Der Infraschall bei Windkraftanlagen wird im Wesentlichen vom Wind in der Umgebung erzeugt und nicht von der Anlage selbst. Verglichen mit anderen alltäglichen Quellen ist der von Windenergieanlagen erzeugte Infraschall gering. Er liegt z. B. im Inneren eines fahrenden Autos um ein Vielfaches höher

10. Ob Wertminderungen bei Immobilien durch Windenergieanlagen verursacht werden und wie hoch diese gegebenenfalls sind, lässt sich nicht pauschal sagen. So können die Immobilienpreise an manchen Orten vorübergehend tatsächlich zurückgehen. Ein dauerhafter Wertverlust lässt sich jedenfalls nicht nachweisen. Studien deuten darauf hin, dass der Wert und die Preisentwicklung von Immobilien von ökonomischen und demografischen Einflüssen dominiert werden und nicht von Windenergieanlagen.

11. Was die Ästhetik von Windenergieanlagen betrifft, so gibt es hier unterschiedliche Ansichten; Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen dazu sind differenziert zu betrachten. Erfahrungen sowohl von der deutschen Nordseeküste als auch z. B. aus der Gemeinde Freiamt im Schwarzwald zeigen aber, dass sich die große Mehrheit der Besucher*innen durch die Anlagen nicht gestört fühlt und sich auch keine negativen Auswirkungen auf den dortigen Tourismus gezeigt haben. Eine Studie aus Schleswig-Holstein belegt, dass 93 % der Reisenden in Deutschland Windräder in ihrer Urlaubsregion nicht als störend empfinden. Stromleitungen mit verschiedenen Höhen überziehen weite Teile unserer Landschaft. Hier gibt es offensichtlich wenig Widerstand, was das Landschaftsbild angeht, da der Strom ja irgendwie in die Haushalte, Industrieanlagen und zur Bahn kommen muss. Diese Leitungen könnten unterirdisch gelegt werden um ökologische und gesundheitliche Auswirkungen zu minimieren. Ein Beispiel ist die neue Bahnstromleitung bei Enzberg mit etlichen hohen Masten die keinen Widerspruch auslösten.

12. Der Betrieb von Windenergieanlagen birgt eine besondere Gefahr für Vögel und Fledermäuse, die durch Kollision mit den Rotoren getötet oder schwer verletzt werden können. Aber nicht alle Vögel und Fledermäuse sind gleichermaßen gefährdet. Bestimmte Arten sind auf Grund ihres Flugverhaltens und ihrer Ökologie besonders bedroht. Hierzu gehören bei den Vögeln u. a. der Rotmilan, der Baumfalke und der Wespenbussard. Unter den Fledermäusen sind z.B. die Rauhautfledermaus, der Große und der Kleine Abendsegler oder die Zweifarbfledermaus besonders kollisionsgefährdet. Durch entsprechende Schutzmaßnahmen muss aufgrund artenschutzrechtlicher Gesetze gewährleistet sein, dass hier der Schutz der Tiere nicht vernachlässigt wird. Dies wären etwa automatische Abschaltanlagen, die anfliegende Großvögel erkennen können und die in anderen Ländern schon Standard sind.

Für Fledermäuse können Zeitkorridore festgelegt werden, die artspezifisch Abschaltzeiten definieren. Übrigens sterben jedes Jahr in Deutschland mehr als 2 Millionen Vögel durch Strommasten. Dies wird offensichtlich durch die Gesellschaft toleriert, obwohl hier durch verschiedene Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden könnte. So starben beispielsweise im Steinbruch Enzberg mehrere Uhus durch Stromschläge an Hochspannungsmasten.

Die LMU wird sich für jegliche Maßnahme einsetzen, die die Beeinträchtigung von Fauna und Flora durch die Windkraftanlagen minimieren.

Die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sind schon 40 Jahre zu spät dran. Bereits in den 1980er-Jahren wurde die jetzige Entwicklung von Klimaforschern und Ökologen vorhergesagt. Passiert ist bisher zu wenig. Die Alternative ist die weitere Zerstörung unserer Wälder durch Hitze, Trockenheit und andere Wetterextreme. Das würde bedeuten, dass beispielsweise die hohen Horstbäume mittelfristig für Großgreifvögel verschwinden werden und die Bestände stark reduziert würden.

Die nächsten Generationen können bei den erneuerbaren entscheiden, ob sie sie wieder zurückbauen wollen. Bei Atomkraftwerken ist dies nicht möglich. Trotz Jahrzehnte langer Suche wurde in Deutschland noch kein Standort für ein Endlager gefunden.

Die LMU fühlt sich auch für die nächsten Generationen verantwortlich.

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