Austausch mit Frau Walliser


Seit langem geplant hat es heute am 25.03.24 endlich geklappt, dass wir uns mit Frau Walliser austauschen konnten. Frau Walliser, die als Integrationsbeauftragte Hand in Hand mit Frau Rabl als Flüchtlingsbeauftragte zusammenarbeitet, hat seit 2015 aufgrund eines GR-Beschluss eine halbe Stelle, ihr letzter Besuch bei der Fraktion war im April 2016.
In einem dreistündigen Gespräch wollte die Fraktion die Mühlacker Flüchtlings- und Integrationspolitik aus erster Hand durchleuchten. Wie wir finden, kann die Querschnittsfunktion der Integrationsbeauftragten nicht optimal genutzt werden. Eine organisatorische und lokale Bündelung der für internationale Personen hilfreichen Dienstleistungen, sowie ein weiter reichender Einbezug der Integration in Verwaltungsebenen und –themen wäre langfristig erstrebenswert für eine gute Versorgung der internationalen Bewohner Mühlackers.

Es folgte eine lebhafte Diskussion,
wie ein Mühlacker Weg aussehen könnte. Frau Walliser betonte, dass hier durchaus noch Gestaltungsraum bliebe, aber die Verwaltung und der Gemeinderat müssten eben erklären, was sie hier wollen, da sie es seien, die die Weichen für Mühlacker stellen.
Ob es einen Integrationsrat geben soll oder nicht, ob man eine erneute Erhebung der Meldedaten
internationaler Bürgerinnen wünscht oder nicht, sind Punkte, die sie zwar empfehlen kann, aber diesbezügliche Entscheidungen werden an anderer Stelle getroffen. Insgesamt ist Frau Walliser mit ihrer Stelle zufrieden. Integrationsarbeit ist laut ihrer Darstellung viel Kooperationsarbeit und da es in Mühlacker ein gutes Kooperationsnetzwerk gibt, können dadurch gute Ergebnisse erzielt werden. Festzuhalten ist, dass Menschen aus 92 Nationen in Mühlacker leben und derzeit knapp 50% der BewohnerInnen in der Stadt einen Migrationshintergrund haben. Der Großteil der internationalen Personen kommt aus europäischen Ländern – Tendenz der Zuzüge ist bei Migranten und Flüchtenden steigend.
Seit der Pandemie ist es, laut Frau Walliser, schwieriger geworden Integrationsanliegen und Strukturen zu implementieren. Die Gesellschaft sieht den Zuzug internationaler Personen und deren Integration kritischer als vor der Pandemie. In den Jahren vor der Pandemie war es einfacher auch größere Themenkomplexe in Angriff zu nehmen, weil es von der Gesellschaft mitgetragen und mitbefürwortet wurde. Zusätzlich kommen Kürzungen und Fachkräftemangel in sozialen Arbeitsfeldern hinzu, auch eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz von Ausgrenzungen, Herabwürdigungen und Benachteiligung von als „anders“ angesehenen Menschen. Eine weitere Herausforderung ist die deutliche Zunahme von Fallzahlen der Einzelfallhilfe, sowohl bei Frau Walliser als auch in den Beratungsstellen Mühlackers, z.B. durch mehrfache Parameter bei einer Person, wie gleichzeitig das Problem der Wohnungssuche, Gesundheitsfragen und Suche nach einem Kindergartenplatz o.ä.
Ein weiteres strukturelles Problem besteht darin, dass Fallbesprechungen mit den unterschiedlichen
Trägern von Hilfe-Dienstleistungen aus Datenschutzgründen nicht möglich sind. Das ganze Feld der Integrationsarbeit ist aufgrund unterschiedlicher Fördermittelgeber und unterschiedlicher Träger fragmentiert. Absprachen können gebündelt werden, Kooperationen eingeleitet und gemeinsame Projekte (wie Aktionswochen) gemacht werden. Aber am Ende ist jeder seinem eigenen Träger und dessen Vorgaben unterstellt.
Laut Frau Walliser ist die einseitige Forderung an die Migranten und Flüchtlinge, sich unserem
System anzupassen, ein Gedanke, der zu kurz greift. Einerseits müssen die international Zuwandernden erst einmal verstehen, wie die Systeme in Deutschland funktionieren. Andererseits gibt es so viele „informelle Gepflogenheiten“, deren Einhaltung oft indirekt erwartet wird, sodass die richtige Anpassung nur langfristig und gesamtgesellschaftlich gelingen kann. Integration muss von beiden Seiten erfolgen („Lernen von beiden Seiten“) und darf nicht bei den dafür zuständigen Fachkräften „abgestellt“ werden, da diese nur bei den „harten Fakten“ unterstützen können. Die
„weichen Faktoren“ müssen aber im Alltag ausgehandelt werden. Hierzu wurden zahlreiche
Aspekte des interkulturellen Miteinanders in Mühlacker besprochen und darüber diskutiert, wie sie
in für beide Seiten guter Weise gelöst werden könnten.
Bei den „harten Fakten“ unterstützt beispielsweise das Integrationsmanagement, die Fachberatung
Asyl und die Migrationsberatung in Mühlacker. Aber schon nach drei Jahren wird erwartet, dass die
Klienten ihre Lebenslagen selbst meistern (z.B. Anträge stellen und Ähnliches). Problem ist, dass in
Deutschland unzählige Dinge zu beachten sind. Die meisten Menschen wollen alles richtig machen,
bedenken das eine und vergessen aber das andere. Aktuell ist daher das Ziel, Ehrenamtliche als
Behördenlotsen zu gewinnen, die dann bei der Bearbeitung von Formularen helfen sollen. Die
Fraktion sieht hierin einen guten Ansatz und ermutigt Frau Walliser, sich auch weiter um den Ausbau
von Ehrenamtlichennetzwerken, wie die Behördenlotsen oder die Bildungspaten, zu bemühen.
Frau Walliser berichtet aber auch von Lücken, wie zum Beispiel dass in der Einzelfallberatung immer wieder
Menschen mit Traumatisierungen sind. Leider ist der Gesundheitsbereich immer noch nicht mit
mehrsprachigen Ehrenamtlichen abgedeckt (in manchen Orten gibt es bereits Gesundheitspaten in
einem Pilotprogramm). Auch Plätze in Deutschkursen/Integrationskursen sind immer wieder knapp.
Integrationskurse werden in Mühlacker durch den Verein VDV aus Leonberg durchgeführt. Es ist
jedoch schwierig reinzukommen, wer „klassisch“ einwandert und im Integrationskurs landet,
bekommt diesen Platz schneller („Filter: unsicheres Herkunftsland = hohe Wahrscheinlichkeit des
Bleiberechts = schneller in einen Kurs“).


Beispiele für Aufgaben/Angebote in der Mühlacker Integrationsarbeit:

  1. Rathausführungen mit den Migranten/Geflüchteten
  2. Welcome Karte für Mühlacker
  3. Veranstaltungen, um Integration positiv zu besetzen
  4. Austausch mit den Fachkräften, um auch diese zu stärken
  5. Zunahme der Einzelfälle, thematische Workshops mit anderen Institutionen
  6. Kooperation mit Zukunftshaus Dürrmenz
  7. Bürgerbeschwerden aufarbeiten (sind im Moment rückläufig)
  8. Bildungsteilhabe
  9. Bild gestütze Hilfen/Publikationen für den Bildungsbereich
  10. Veranstaltungen mit Mühlacker Migrantenvereinen
  11. Absprachen mit SchulleiterInnen über Unterstützung z.B. für die Elternarbeit
  12. Mehrsprachige Führungen bei Weiterbildungsbörse mit Hilfe der Bildungspaten
  13. Webseite Integration für Mühlacker