Haushaltsrede 2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

ich will die weltpolitische Lage nicht erwähnen, obwohl sie sich dramatisch zuspitzt und sicher auch Einfluss auf die Entwicklung in Mühlacker nehmen wird. Wir können nur das machen, was in unserer kommunalpolitischen Kompetenz liegt, um auf alle Eventualitäten so gut wie möglich vorbereitet zu sein. Wir von der LMU sehen unsere Aufgabe nicht in erster Linie nur darin, Politik für die jetzige Generation zu machen, der es zum Großteil so gut geht wie noch nie, sondern vor allem für die kommenden Generationen, die es voraussichtlich sehr viel schwerer haben werden. Wer glaubt, die Entwicklung von immer neuen aufwändigen technischen Systemen sei das Heil der Zukunft, begibt sich auf den Holzweg. Für uns sind Schlagworte wie Industrie 4.0 oder 5G-Standard eher Drohungen als Werkzeuge, um unsere Gesellschaft weiterzubringen. Die Menschlichkeit sollte im positiven Sinne das Maß aller Dinge werden. Eine Gesellschaft die nicht mehr merkt, wie gut es ihr geht und dies somit auch nicht zu schätzen und zu verteidigen weiß, verliert langsam den Bezug zur Realität. „Wir sollten mal anfangen Lösungen zu suchen, die Probleme beheben und nicht Lösungen zu suchen, die keinem weh tun“. Das Zitat stammt übrigens sinngemäß nicht von mir, sondern von Norbert Röttgen.

Nun aber konkret: Wenig geht voran in unserer Stadt. Ich hätte die Rede vom letzten Jahr nehmen können. Frustration auf allen Seiten! Beim Gemeinderat: Anträge, die nicht beantwortet werden; Projekte, die anscheinend feststecken! Mangelnde Geldmittel und anderes mehr. Bei der Verwaltung: Immer mehr Anträge, zu wenig Personal (auch wenn das nicht von allen so gesehen wird), widrige Umstände verschiedenster Art die uns von außen aufgeladen werden. Was wir vergessen ist, dass das Leben in unserer Stadt eigentlich gut abläuft. Auch hier haben wir scheinbar vergessen, wie gut es uns geht. „Gut Ding will Weile haben“. Und wenn man viele gute Dinge will, dann braucht man auch viel Weile.

Um aber doch einiges Voran zu bringen, sollten zu bestimmten Themen Arbeitsgruppen gebildet werden, die den Sachverstand des GR und der Verwaltung jenseits von überfrachteten GR-Sitzungen nutzen und Entscheidungen vorbereiten können.

So etwa zum Thema Wald. Ein paar Worte noch zu unseren Anträgen Thema Wald: Angesichts der gravierenden Waldschäden nach zwei Trockenjahren ist unser kommunaler Wald in Teilen ernsthaft gefährdet. Der Klimawandel macht sich gerade hier besonders bemerkbar. Aus diesem Grunde hat unsere Fraktion bereits Ende Oktober 2019 den Antrag gestellt, ein Hearing mit Fachleuten aus den Bereichen Ökologie und Waldbau zu veranstalten, indem diese ihre unterschiedlichen Positionen zum Thema unter besonderer Beachtung der ökologischen Funktionen Klima, Wasser, Boden, Erholung, Biodiversität darstellen können. Wir erhoffen uns davon Anhaltspunkte für die offensichtlich notwendige Neuausrichtung der Forstwirtschaft unseres kommunalen Waldes. Darüber hinaus wollen wir durch die Gründung eines „Arbeitskreises Wald“, bestehend aus einzelnen Vertretern der GR-Fraktionen, den zuständigen Fachämtern (Liegenschaft und Umwelt) sowie den im Stadtwald/Staatswald tätigen Förstern, die Kommunikation zwischen Forst, Gemeinderat und Verwaltung verbessern.

Zum Thema Klimawandel: Was lange währt wird endlich gut. So auch der Vortrag der Klimamanagerin des Enzkreises in unserem Gremium. Nun müssen noch Taten folgen.In diesem Zusammenhang sehen wir auch unseren Antrag, die städtischen Liegenschaften und Einrichtungen sukzessive auf den Ökostromtarif unserer Stadtwerke umzustellen. Verwundert hat uns dabei sehr, dass unsere Stadt die Stromrechnung einiger städtischer Gebäude offensichtlich seit Jahren an den Konkurrenten unserer Stadtwerke, die EnBW, bezahlt. Dies sollte so schnell wie möglich berichtigt werden.

Zum Sendergelände:Es ist uns wichtig, in dieser Sache verantwortungsbewusst zu handeln. Verantwortungsbewusst gegenüber den Dingen, die in der Stadt noch als Aufgaben anstehen und nicht durch ein weiteres Großprojekt behindert werden sollen, aber auch verantwortungsbewusst gegenüber dem vom Abriss bedrohten Denkmal. Wir wurden von der Stadtverwaltung im Prinzip gut in der Sache informiert, aber es hat sich gezeigt, dass noch zu viele Fragen offen sind, zu viele, um schon vorschnell für einen Abriss zu stimmen, aber auch zu viele, um bedenkenlos für den Kauf zu stimmen. Viele Bedenken haben sich zerstreut, wir hoffen auf weitere Klärung, damit wir den Sender erhalten können, als historische und identitätsstiftende Chance für unsere Stadt. Wir wollen uns erst entscheiden, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen. Wir weisen nochmals auf die wertvolle Fläche des Sendergebietes hin, die die Stadt Mühlacker nicht der Hand des SWR überlassen sollte, sondern als eine der schönsten, aussichtsreichsten Punkte in unserer Landschaft nutzen sollte: Ob als Freizeitgebiet im Anschluss an das schon bestehende sehr gut gelungene Arboretum, Denkpfad und die Burganlagen oder mit anderen Nutzungsformen, die wir als Inhaber der Planungshoheit selber initiieren können.

Zum Thema Gewerbeflächen: Unsere Stellung zu einem großen Gewerbegebiet ist bekannt. Dieses Thema ist seit Jahren in einer Endlosschleife und wird es voraussichtlich auch in den nächsten Jahren bleiben, unter Bindung unnützer Arbeitszeit- und Geldressourcen.

Ganz anders das Thema Ziegeleiareal: Wir hoffen, dass der Investor unseren Wünschen nach einem sozialen und ökologischen Vorzeigeprojekt entgegenkommt. Für Mühlacker ist das nach wie vor eine riesen Chance.

Wohnen in Mühlacker: Aber nicht nur die Ziegelei gilt es zu entwickeln, sondern die immer häufiger werdenden Leerstände müssen offensiv aktiviert werden, wie es andere Städte schon seit längerem mit Erfolg leisten.

Thema Stadthalle: Unsere Fraktion steht nach wie vor zum Neubau einer Stadthalle. Allerdings wird es angesichts der überraschend hohen Kosten von 20 Millionen Euro plus x in den nächsten Jahren nicht zu einer Umsetzung kommen können. Trotzdem wird es in Mühlacker weiterhin ein vielfältiges und hochwertiges Kulturprogramm geben. An dieser Stelle Dank an alle, die in diesem Bereich Großartiges leisten.

Ein weiterer dicker Klops wird der neue Bildungscampus mit angesagten ca. 70 Millionen. Dies ist in dieser Höhe auch mit Landeszuschüssen völlig utopisch. Hier muss mit den betroffenen Schulen über alternative Optionen diskutiert werden.

Zusammenfassend kann man eigentlich wieder nur feststellen:Es muss sich viel ändern, wenn es so bleiben soll, wie es ist. Ein Plan B zur nachhaltigen und komplexen Stadtentwicklung wäre nötig. Dank an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich bürgerschaftlich engagieren und die Bitte an diejenigen, die es noch nicht tun, es doch einmal zu versuchen.

Dank an alle Kolleginnen und Kollegen des GR und die Stadtverwaltung. Wir bringen diese Stadt qualitativ nur voran, wenn wir im demokratischen Sinne zusammenarbeiten, andere Meinungen akzeptieren und zielführende Kompromisse suchen.

Mühlacker, den 3.3.2020

Für die LMU-Fraktion Klemens Köberle

Es gilt das gesprochene Wort